Die Stadt der Liebe – …zum Zweirad // Oder: Family Bolle in Paris

Als Kind mit den Eltern, dann wohl so mit siebzehn und dann alle paar Jahre mal wieder führte auch mich mein Weg nach Paris. Was mich an dieser Stadt immer beeindruckte war die enorme Größe. Die endlosen Avenues, die natürlich die pompösen Prachtbauen und die prachtvollen klassizistischen Straßenzüge a la Haussmann.

Die Weitläufigkeit der Stadt überwältigt, aber macht die Erkundung dann auch zu einer echten Herausforderung. Nimmt man die Metro verpasst man das bunte Leben zwischen den Stationen. Nimmt man das Auto, so erfährt man ein Hupkonzert wie von 1.000 Trompeten und findet keinen Parkplatz – nun, das alte Lied eben. Und zu Fuß, da kommt man gefühlt nie dort an, wo man gerade hinmöchte und wenn man ankommt, ist man leider auch komplett ausgepowert. Bleibt noch das Fahrrad – aber in einer vom Puls des ewigen Autoverkehrs getriebenen Metropole, wo ich entweder achtspurige Straßen zu überwinden habe oder mir in engen Gassen Taxis und knatternde Vespas entgegenfliegen, da bleibt man doch lieber auf dem mehr oder minder sicheren Fußweg. Ja, so war es wohl einmal so….

Anne Hildalgo – Bürgermeisterin von Paris (seit April 2014)

Von der Pariser Bürgermeisterin Anne Hildalgo und ihrem Grünen Daumen für die Stadt hat man in den letzten Jahren ja auch in Deutschland immer wieder gehört.

Als wir uns allerdings im Frühjahr 2022 für einen Trip mit dem Zug nach Paris entschieden, war es schon eher der Wunsch unserer Töchter, endlich mal den Eifelturm in natura zu sehen und weniger die Neugier auf die Ergebnisse von Hildalgos konsequent betriebener Verkehrswendepolitik.

Vom Zug auf’s Lastenrad….

In Paris – wie sollte es anders sein – wollten wir uns dann natürlich wieder ein Fahrrad für Patricia und ein Lastenrad für die Kinder und mich ausleihen. Eine wirklich hilfreiche Website war hier übrigens dann listnride.de. Hier sind wir zunächst auf ein Riese Müller Load 75 gestoßen und über dieses Bike dann auf Richard, der uns mit „Vive le vélo cargo“ begrüßte und sich mit seinen vierzehn hochwertigen Lastenrädern schon als so etwas wie ein Brother in mind oder passender natürlich als Âme sœur für uns entpuppte. Richards Kontaktdaten präsentieren wir übrigens noch weiter unten – für alle, die auch mal mit den Kindern durch Paris biken wollen.

Bereits um 22 Uhr lieferte uns Richard am Tag unserer Anreise das Load 75 und dazu auch noch ein Hollandrad für Patricia bis vor die Haustür. Sodann erläuterte er mir eine gute halbe Stunde ganz in Ruhe die insgesamt vier Schlösser sowie die Alarmanlage für die Räder. Dass das Load 75 auch über eine Satellitenortung verfügt, hatte auch für uns gleich mehrere Vorteile – doch dazu später mehr.

Durch den schnellen Fahrrad-Lieferservice von Richard konnten wir uns also bereits an unserem ersten Morgen in Paris auf die Sattel schwingen und freuten uns über die frische Luft im Gesicht. Von unserer Wohnung in der der Rue de Constantinople zum Moulin Rouge sind es – mit dem Fahrrad – nur ein paar Minuten.

Ein Sigthseeing, bei dem der Weg auf den Fahrrädern auch schon das Ziel war und bei dem die Kinder mit wachsender Begeisterung „Ich sehe was, was Du nicht siehst – schon weg…“ spielen konnten.

Paris liefert AHA-Effekte für Verkehrswende-Schlafmützen

Ja, wir sind wirklich Radfahren im Herzen und somit waren wir schnell begeistern vom enormen Engagement in Sachen Ausbau der Fahrradwege- und Fahrradstraßeninfrastruktur.

Hier einige der absoluten Pariser Fahrrad-Highlights:

Die Rue de Rivoli

Foto: Steffen Schneider – www.bikefolks.de

In der Fahrradwelt wird diese Straße inzwischen von Nord bis Süd und West bis Ost einhellig besungen. Und es ist in der Tat ein Erlebnis. Die Anfang 2019 noch von Autos dominierte parallel zur Seine verlaufende Hauptverkehrsachse von Paris hat sich zum Fahrradparadies entwickelt.

Uns schien der Begriff „Dreibahnstraße“ für eine solche Modellstraße der passende zu sein. Jeweils eine Spur in beide Richtungen für Fahrräder und eine Spur in eine Richtung für den motorisierten Verkehr. Autos kommen immer noch hin, wo sie hinwollen – wirklich bequem ist es aber nicht mehr. Noch dazu, weil man in Paris ohnehin dort, wo man hin möchte meist keinen Parkplatz finden kann.

Wir sind von so viel Entschlossenheit bei der Umsetzung der Verkehrswende mehr als begeistert. Bis auf weiteres ist die Rue de Rivoli unsere Lieblingsfahrradstraße.

Die vielen Fahrradweg-Baustellen

In Paris werden wie es scheint im Akkord baulich vom Autoverkehr getrennte Rad- und Fußwege gebaut. Dabei wird ziemlich konsequent auch bedacht, dass Fahrradwege nicht einfach irgendwo aufhören sollten. Kreuzungsbereich werden somit ebenfalls komplett umgebaut – sofern sie es noch nicht sind.

Das Resultat sind Verkehrsführungen, bei denen die Wege von Radfahrern und Fußgängern klar und durchgehend eine sichere und zügige Fahrt durch die Stadtteile ermöglichen.

Der Tunnel des Tuileries

Unser FAZIT zur Pariser Verkehrsinfrastruktur:

Es lohnt sich definitiv, sich für die Ziele einer von Lärm und Abgasen befreiten Stadt einzusetzen. Es lohnt sich zweifelsohne, mutig dranzugehen, Parkplätze zu Spielplätzen zu machen und den urbanen Raum von Auto- zum Lebensraum zu machen.

Dass innerstädtisches Leben verödet, wenn es nicht mehr mit dem Auto erreicht werden kann, ist ganz sicher genau so ein Trugschluss, wie z.B. die Angst davor, dass das Leben im Wald gefährdet würde, wenn ich diesen nicht mehr mit meinem Auto durchkreuzen kann.

Paris – die Stadt der Liebe – zum Zweirad!

PS: hier noch wie oben angekündigt der direkte Kontakt zu Richard

Richard Dion
Place de la Porte de Vanves 1
75014 Paris, France
+33 6 33 16 69 04


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